Geräusche (III): Sehnsuchtsstille

Sven Linnartz ist von dem Geräusch-Thema offenbar so angetan, dass er uns einen zweiten Kurztext geschickt hat.

Sehnsuchtsstille

Quälend langsam rinnt der Tropfen von der Decke herab. Ich sehe, wie er sich formt, betrachte die vollendete Schönheit und sehe ihn fallen. Wie in Zeitlupe nähert er sich meinem Gesicht, schwebt scheinbar für einen unendlich langen Moment in der Luft, bis er schließlich mit lautem Krachen auf meiner Stirn landet. So wie tausende Tropfen vor ihm. Das Geräusch dröhnt wie ein Donnerschlag in meinen Ohren. Ich bin gefesselt, habe seit einer Ewigkeit weder geschlafen noch etwas gegessen. Ich hoffe, dass die, die nichts von mir erfahren werden, mich sterben lassen, damit endlich wieder Ruhe einkehrt.

Geräusche (II): Der Glasflötenspieler

Stilistisch auf gänzlich anderen Wegen als der erste Beitrag ist Erhart Rico Gehrke (46) aus Ottendorf-Okrilla unterwegs, um sich textlich einem Geräusch zu nähern.

Der Glasflötenspieler

Der Schmerz durch Dich lässt mein Herz erstarren, wie soll es weiter schlagen, gefangen in seiner neuen Sprödheit. Scharfe Worte bringen Härte, nicht Festigkeit und war mein Herz auch weich, so war es doch zäh um Dich. Dämonen kommen und greifen nach ihm, meinem Herz, die Glasflöte bricht aus ihrer Höhle in der Schatulle hervor. Sie schmiegt sich an meine Lippen und ich stoße hinein, all meine trauernden Träume. Ein Riss durchzieht die Melodie des Frühlings, der Sommer begleitet in Moll, ein langer Herbst tönt Grau, ich spiele bis zum bitterkalten Winter und dann brechen Beide, im Klang der Stille.

Geräusche (I): Irrsinn der Stille

Der erste Beitrag zu unserer kleinen Ausschreibung stammt von Sven Linnartz (40) aus Hürth bei Köln. Mögen sich noch viele anschließen, um Klänge, Töne, Geräusche oder einfach nur Krach in 100-Wörter-Texte zu fassen.

Irrsinn der Stille
Mein einsames Bett verdammt mich zum Warten. Horchend, kaum atmend liege ich verkrampft darin, die Decke weit von mir geschoben. Jeden Moment kann es soweit sein. Sie werden mich holen. Bestimmt. Aber ich werde mich wehren. Isis hilft mir mit ihren krallenbesetzten Pfoten, genau wie der Baseballschläger, den ich in meiner Hand halte. Kommt nur. Wir werden uns nicht kampflos ergeben. Weder ich, noch Isis. Ich höre euch vor der Tür schleichen. Denkt ihr, ich sei taub? Eure Schritte verraten euch. Ihr müsst durch diese Tür und wir werden euch gebührend empfangen. Kommt nur! Kommt nur herein!